Archive for the ‘Rezensionen’ Category

Alain Badiou, Slavoj Žižek. Philosophie und Aktualität – Ein Streitgespräch

Saturday, May 1st, 2010

Rezension: Alain Badiou, Slavoj Žižek. Philosophie und Aktualität – Ein Streitgespräch, hrsg. v. Peter Engelmann, Passagen Verlag, Wien 2005, ISBN 3-85165-673-3, 104 Seiten, 14,90€.

»Vielleicht ist die Philosophie die Abnormalität schlechthin. So würde ich Badious Theorie lesen (wir, Badiou und ich, umschmeicheln uns, hassen uns aber in Wirklichkeit. Unser üblicher Witz lautet: Ergreife ich die Macht, wandert er ins Lager [...]« (66f.)

Das »Streitgespräch« zwischen Alain Badiou und Slavoj Žižek – es fand 2004 in Wien statt – ist, trotz des von mir gewählten einleitenden Zitats, kein Streitgespräch zwischen den beiden Philosophen, sondern es sucht vielmehr Streit mit dem etablierten Einerlei dessen, was sich heute Philosophie nennt und auch mit dem, was heute als politisch korrekte Auffassung von Demokratie und Politik gilt. Unter der Leitfrage der Veranstaltung, ob denn die Philosophie sich in die aktuellen Debatten einmischen könne/solle/müsse (»Philosophie und Aktualität«) oder nicht, rechnen Badiou und Žižek gemeinsam ab. Trotz ihrer unterschiedlichen, nicht aufeinander reduzierbaren philosophischen Positionen teilen sie doch eine kritischen Intention.

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Oliver Marchart, Post-Foundational Political Thought: Political Difference in Nancy, Lefort, Badiou and Laclau

Saturday, May 1st, 2010

Oliver Marchart, Post-Foundational Political Thought: Political Difference in Nancy, Lefort, Badiou and Laclau, Edinburgh 2007: Edinburgh University Press, ISBN 978-0-748624980

Die Frage nach dem Politischen lässt Teilen der politischen Theorie und der politischen Philosophie seit Jahren keine Ruhe. Was kann heute – im Zeitalter der Postideologie, der Postpolitik, des Postkommunismus etc. – noch als politisch gelten? Haben die Konzepte des Politischen und der Politik nicht schon lange ausgespielt? Gibt es überhaupt noch Möglichkeiten, im Bereich des Politischen zu gründen? Ist nicht allein die Frage nach möglichen Begründungsstrategien heute obsolet? Fragen, die nicht auf den Bereich des Politischen begrenzt sind, sondern sich beispielsweise auch in der Ethik aufdrängen.

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»Ich plädiere für die Schaffung einer multipolaren Weltordnung«

Saturday, May 1st, 2010

Chantal Mouffe. Über das Politische – Wider die kosmopolitische Illusion. 2005. Frankfurt/M.: Suhrkamp. 170 Seiten. ISBN 979-3-518-12483-3. 9,00 Euro.

»Ich plädiere für die Schaffung einer multipolaren Weltordnung«

»Wenn wir das demokratische Leben als Dialog betrachten,
laufen wir Gefahr zu vergessen,
daß seine primäre Wirklichkeit die des Kampfes bleibt.« (Perry Anderson)

Chantal Mouffe hat mit Über das Politische eine angenehm geschriebene, klar gegliederte und kämpferische Einleitung in ihre politische Philosophie vorgelegt, die gerade für LeserInnen, die nicht mit dem Denken der Radikaldemokratie vertraut sind, empfehlenswert ist. Das Buch baut keine unnötigen Theoriehürden auf und lässt an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig. Mouffe rechnet ein weiteres Mal mit den »Denkern« des dritten Weges (Beck, Giddens) ab, kritisiert den Universalismus von Habermas und entlarvt die Pseudoradikalität von Negri und Hardt und führt gegen die kosmopolitischen Ideen eine multipolare Weltordnung ins Feld. Mouffe setzt sich »in diesem Buch kritisch mit einer Ansicht auseinander[.], die in der Mehrheit der westlichen Gesellschaften ‚common sense‛ ist: Mit der Vorstellung, daß unser gegenwärtiges Stadium der ökonomisch-politischen Entwicklung einen großen Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit darstellt, dessen Möglichkeiten wir feiern sollten. Die Soziologen behaupten, wir seien in eine ‚zweite Moderne‛ eingetreten, in der sich die Individuen, befreit von kollektiven Bindungen und unbehindert durch antiquierte Anhänglichkeiten, der Kultivierung mannigfaltiger Lebensweisen widmen könnten. Daß die ‚freie Welt‛ über den Kommunismus triumphiert habe und mit der Schwächung kollektiver Identitäten jetzt eine Welt ‚ohne Feinde‛ möglich sei. Daß Konflikte zwischen Interessenverbänden der Vergangenheit angehörten und Konsens durch Dialog erzielt werden könne. Daß wir dank der Globalisierung und der Universalisierung der liberalen Demokratie eine kosmopolitische Zukunft vor uns hätten, die Frieden, Wohlstand und die weltweite Achtung der Menschenrechte bringen werde.« (7)

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